Was ist der Unterschied zwischen Kohäsions- und Adhäsionskräften
Kohäsion und Adhäsion sind jeweils intermolekulare Kräfte. Der wesentliche Unterschied ist der Ort, an dem diese Kräfte ihre Wirkung entfalten.
Kohäsionskräfte sind die Anziehungskräfte zwischen den Molekülen eines gleichen Materials. Ein Beispiel sind Wasserstoffbrückenbindungen zwischen Wassermolekülen, die zur Tropfenbildung führen. In der Werkstoffkunde sorgen diese Kräfte dafür, dass Materialien wie Stahl ihre Form behalten oder bei Bedarf verformbar sind, ohne zu zerbrechen.
Im Gegensatz dazu beziehen sich Adhäsionskräfte auf die Anziehungskräfte zwischen den Molekülen verschiedener Materialien. Klebstoffe funktionieren auf dieser Basis. Ein bildliches Beispiel aus der Natur ist die Haftung zwischen Tautropfen und Blüte.
Adhäsionstheorien: Unterschiede zwischen Mechanischer und Spezifischer Adhäsion
Die Werkstofftheorie unterscheidet nach mechanischer und spezifischer Ädhäsion. Die mechanische Adhäsion lässt sich anhand der Oberflächenbeschaffenheit der aneinanderhaftenden Werkstoffe erklären. Die spezifische Adhäsion zieht verschiedene Theorien als Erklärungsansatz heran.
Mechanische Adhäsion
Die mechanische Adhäsion basiert auf der formschlüssigen Verklammerung der Oberflächenphase verschiedener Werkstoffe. Grundlage dafür sind mikroskopisch kleine Unebenheiten, Vertiefungen und Poren. Diese Art der Adhäsion kann aber nicht die Haftung zwischen glatten Oberflächen erklären.
Spezifische Adhäsion
Neben der mechanischen Adhäsion gibt es in der Physik, Chemie und Biologie vielfältige Theorien, um Adhäsion zu erklären. Diese ziehen verschiedene Aspekte wie die Oberflächenenergie oder chemische Affinitäten heran. Die wichtigsten im Überblick:
- Elektrostatik ist der wohl bekannteste Erklärungsansatz für spezifische Adhäsion. (Derjagin 1950)
- Laut Adsorptions- und Benetzungstheorie ist die Ober- und Grenzflächenenergie zwischen festen und flüssigen Stoffen verantwortlich für Adhäsion. (Zismann, Fowkes, Good und Wu, 1963)
- Zwischen polaren Stoffen (Dipolmoleküle) können gemäß Polarisationstheorie Adhäsionskräfte wirken. (De Bruyne 1935)
- Die Brownsche Molekularbewegung stößt gemäß Diffusionstheorie eine Diffusion zwischen den Molekülen der unterschiedlichen Stoffe an. (Voyutzkij 1960)
Einflussfaktoren auf die Adhäsionsneigung
Eine Reihe von Eigenschaften können die Adhäsionsneigung der Oberfläche beeinflussen:
Chemische Zusammensetzung | Chemische Verbindungen weisen unterschiedliche funktionelle Gruppen und Ladungen auf. Diese Eigenschaften haben großen Einfluss auf die individuelle Adhäsionsneigung. |
Oberflächenrauheit | Eine raue Oberfläche bietet den Molekülen insgesamt mehr Kontaktfläche und damit bessere Voraussetzungen für die Adhäsion. |
Umgebungsbedingungen | Umgebungsbedingungen wie Temperatur, Feuchtigkeit und Druck beeinflussen Moleküle und damit auch ihre Haftungseigenschaften. |
Materialeigenschaften | Eigenschaften wie die Steifigkeit, Elastizität oder Oberflächenenergie sind wesentliche Komponenten bei der Bestimmung der individuellen Adhäsionsneigung. |
Einsatzbereiche
Die Adhäsionsneigung von Materialien spielt in verschiedensten Branchen eine Rolle. Erfahren Sie mehr über die Einsatzgebiete anhand von Beispielen.
Industrieanwendungen
- Beim Plasmanitrieren von Bauteilen und Werkzeugen, die abschließend noch PVD-beschichtet werden, kann die Bildung der Verbindungsschicht beim Nitriervorgang unterdrückt werden. Dadurch wird der Beschichtung die notwendige Haftung gegeben und ein mögliches Abplatzen der Beschichtung vermieden.
- Auch für die Entwicklung von Klebstoffen für dauerhafte Verbindungen ist die Adhäsionsneigung ausschlaggebend.
Medizinische Anwendungen
- Adhäsionskräfte sind wichtig für die Befestigung von Implantaten und Prothesen.
- The Haltbarkeit medizinischer Produkte kann von ihrer Adhäsionsneigung abgängig sein.
Naturwissenschaftliche Anwendungen
- Erkenntnisse über die Adhäsionsneigung aus der Natur werden in der Materialwissenschaft genutzt, um neue Materialien zu entwickeln oder bestehende zu optimieren. Bekanntes Beispiel ist der Lotuseffekt, der als Vorbild für besonders geringe Adhäsionskräfte und die Antihaftwirkung gilt.
Adhäsion in der Oberflächenbeschichtung
Die Adhäsionsneigung von Werkstoffen ist entscheidend für die Beschichtungsindustrie. Sie ist ausschlaggebend dafür, wie hart und beständig eine Oberflächenbeschichtung sein kann. Eine unzureichende Haftung würde zu einem vorzeitigen Versagen der Beschichtung führen.
Die Adhäsionseigenschaften verwendeter Werkstoffe lassen sich mit viel Erfahrung gezielt steuern und an spezifische Anforderungen anpassen. Auf diese Weise lassen sich spezifische Beschichtungen entwickeln, die neben einer hohen Härte auch eine gesteigerte Beständigkeit gegenüber Umwelteinflüssen und mechanischer Beanspruchung bieten.