Kaltarbeitsstahl 

Aktualisiert am: 24.10.2024

Kaltarbeitsstahl ist ein Werkzeugstahl, der sich ideal zum Einsatz bei Temperaturen bis zu 200 °C eignet. Er wird auch Kaltbearbeitungsstahl oder Kaltarbeitswerkzeugstahl genannt. Kaltarbeitsstahl wird häufig für Werkzeuge verwendet, die bei Raumtemperatur eingesetzt werden. Dazu gehören beispielsweise Werkzeuge zur Holz-, Kunststoff- oder Metallbearbeitung. Je nach Kohlenstoffgehalt und Legierungselementen wird nach unlegiertem und legiertem Kaltarbeitsstahl unterschieden.

Unlegierter Kaltarbeitsstahl

Der Kohlenstoffgehalt von unlegierten Kaltarbeitsstählen liegt zwischen 0,45 % und 1,5 %. Weil sie beim Härten durch eine schnelle Abkühlung im Wasserbad nicht über den gesamten Querschnitt durchhärten, werden sie auch als Schalenhärter bezeichnet. Der verbleibende weiche und zähe Kern macht Werkzeuge aus unlegiertem Stahl perfekt für Anwendungen mit Schlagbeanspruchung. Die harte Randschicht gewährleistet hingegen einen hohen Verschleißwiderstand und eine gute Schnitthaltigkeit. Diese Voraussetzungen eignen sich beispielsweise für Handwerkzeuge oder Zangen.

Legierter Kaltarbeitsstahl

Bei legiertem Kaltarbeitsstahl wird eine hohe Gesamtfestigkeit durch eine Feinabstimmung des Kohlenstoffgehalts angestrebt. Dazu werden dem Stahl Legierungselemente wie Chrom, Nickel, Silizium, Mangan, Molybdän, Vanadium oder Wolfram beigefügt. Die Höhe des Kohlenstoffgehalts entscheidet, welche Härte und Schneidfestigkeit durch eine Wärmebehandlung erzielt werden kann. Ziel ist die ideale Balance zwischen Härte und Zähigkeit für den jeweiligen Einsatzzweck.
 
Hochlegierter Kaltarbeitsstahl zeichnet sich durch hohe Verschleißfestigkeit und gute Druckfestigkeit aus. Niedriglegierter Kaltarbeitsstahl bietet durch einen geringeren Kohlenstoffanteil eine stärkere Zähigkeit sowie eine bessere Widerstandsfähigkeit gegenüber Schlagbeanspruchung.
 
Legierter Kaltarbeitsstahl kommt unter anderem beim Stanzen, Schneiden, Biegen, Walzen und Prägen zum Einsatz. Man findet ihn zum Beispiel im Formenbau und Werkzeugbau, aber auch in der Lebensmittelindustrie.

Anwendungsbeispiele im Werkzeugbau

Kaltarbeitsstahl findet breite Verwendung in unterschiedlichsten Bereichen. Nachfolgend einige Einsatzmöglichkeiten für legierte und unlegierte Kaltarbeitsstähle:
 

Legierte KaltarbeitsstähleUnlegierte Kaltarbeitsstähle
X153CrMoV12 für Schneidwerkzeuge und StanzwerkzeugeC70U für diverse Handwerkzeuge
X210CrW12 für Schneidwerkzeuge und ScherenmesserC105U für Tiefziehwerkzeuge und Gewindeschneidwerkzeuge
90MnCrV8 für Gewindebohrer
100Cr6 für Wälzlager, Lehren, Dorne und Stempel,
45NiCrMo16 für Massivprägewerkzeuge

Eigenschaften von Kaltarbeitsstählen

Die exakten Merkmale von Kaltarbeitsstählen hängen von der Zusammensetzung der Legierung und möglichen Wärmebehandlung ab. Sie können stark variieren. Verschiedene Sorten und Klassen von Kaltarbeitsstählen sind für jeweils spezielle Einsatzbereiche angepasst. Folgende Tabelle gibt einen allgemeinen Überblick über die gemeinsamen Eigenschaften von Kaltarbeitsstählen. 

 

EigenschaftAusprägung bei Kaltarbeitsstahl
HärteDurch einen hohen Kohlenstoffgehalt und Legierungszusätze wird eine hohe Härte erreicht.
VerschleißfestigkeitEine ausgezeichnete Verschleißfestigkeit sorgt für geringe Abnutzung bei Kaltverarbeitungsprozessen.
KorrosionsbeständigkeitRostet, wenn keine entsprechenden Schutzmaßnahmen ergriffen werden.
ZähigkeitIm Vergleich zu anderen Werkzeugstählen fällt die Zähigkeit hoch aus.
WarmfestigkeitUngeeignet für den Gebrauch bei hohen Temperaturbedingungen.
BearbeitbarkeitIst nur mäßig bearbeitbar, was z. B. durch eine Wärmebehandlung verbessert werden kann.
MagnetismusKaltarbeitsstahl ist magnetisch.
SchneidleistungEine ausgezeichnete Schneidleistung ermöglicht präzise und saubere Schnitte.

Anforderungen zur Wärmebehandlung von Kaltarbeitsstahl

Um Kaltarbeitsstahl auf seinen jeweiligen Einsatzzweck vorzubereiten, ist eine entsprechende Wärmebehandlung notwendig. Die richtigen Paramater der Wärmebehandlung sind dabei genauso wichtig wie die Zusammensetzung des Kaltbearbeitungsstahls. 

 

Bei der Herstellung von Kaltarbeitsstahl erfolgt in der Regel bereits im Werk ein Weichglühen, um das ideale Gefüge für eine Härtung zu gewährleisten. Zudem bietet sich ein Spannungsarmglühen an, um Spannungen abzubauen, die bei der spanenden oder spanlosen Bearbeitung des Werkstücks entstanden sind. Das ist vor allem für unregelmäßige Bauteilgeometrien relevant, um eine hohe Maßhaltigkeit des fertigen Bauteils sicherzustellen. Zudem wird einer späteren Formänderung durch Wärmeeinwirkung entgegengewirkt. 

 

Beim Spannungsarmglühen wird der Kaltarbeitsstahl über mehrere Stunden zum Glühen gebracht, bei Temperaturen zwischen 580°C und 650 °C. Danach folgt ein langsamer Abkühlvorgang im Ofen. Dieser Schritt erfolgt in der Regel vor der letzten mechanischen Bearbeitung. 

Gängige Kaltarbeitsstähle nach Werkstoffnummer

Werkstoff-Nr.AISIchem. Zusammensetzung
1.1730SAE 1045~C 45 U
1.2067L1/L3100Cr6
1.2210115CrV3
1.235860CrMoV18-5
1.2363A2X100CrMoV5-1
1.2379D2X155CrVMo12-1
1.2436X210CrW12
1.2510O1100MnCrW4
1.2550X3NiCoMoTi18
1.2709X3NiCoMoTi18-9-5
1.272150NiCr13
1.27676F7X45NiCrMo4
1.2826S460MnSiCr4
1.2842O290MnCrV8
1.2990~X100CrMoV8-1-1

Unterschied zwischen Kaltarbeitsstahl und Warmarbeitsstahl

KaltarbeitsstahlWarmarbeitsstahl
BetriebstemperaturKaltarbeitsstahl eignet sich zum Einsatz bei Temperaturen bis 200°C.Warmarbeitsstahl eignet sich für Temperaturen bis 700°C.
KohlenstoffKaltbearbeitungsstahl hat meist einen höheren Kohlenstoffgehalt (1,45% bis 2,30%), um eine hohe Härtbarkeit zu gewährleisten. Manchmal wird Stahl mit mittlerem Kohlenstoffgehalt verwendet, um mehr Zähigkeit zu erreichen.Warmbearbeitungsstahl hat einen mittleren Kohlenstoffgehalt (0,3% bis 0,6%). Warmfestigkeit, Wärmeleitfähigkeit und Verschleißfestigkeit sind besonders wichtig.
LegierungselementeMit Cr (11% bis 13%), Mo, W oder V werden die Härtbarkeit und die Verschleißfestigkeit verbessert.Mit Cr, Mn, Si, Ni, W, Mo oder V werden Härtbarkeit, Oxidationsbeständigkeit und Verschleißfestigkeit erhöht.
AnwendungsbereicheStanzwerkzeuge, Schneidwerkzeuge, Stempel, Scheren, Biegematrizen, Ziehwerkzeuge, Kaltkopf- und KaltprofilierwerkzeugeWarmarbeitsstahl kommt vor allem im Druckguss und in der Warmumformung zum Einsatz.
Internationale Werkzeugstahl-CodesSerie „A“, „O“, „D“Serie „H“ (H13)