Unlegierter Kaltarbeitsstahl
Der Kohlenstoffgehalt von unlegierten Kaltarbeitsstählen liegt zwischen 0,45 % und 1,5 %. Weil sie beim Härten durch eine schnelle Abkühlung im Wasserbad nicht über den gesamten Querschnitt durchhärten, werden sie auch als Schalenhärter bezeichnet. Der verbleibende weiche und zähe Kern macht Werkzeuge aus unlegiertem Stahl perfekt für Anwendungen mit Schlagbeanspruchung. Die harte Randschicht gewährleistet hingegen einen hohen Verschleißwiderstand und eine gute Schnitthaltigkeit. Diese Voraussetzungen eignen sich beispielsweise für Handwerkzeuge oder Zangen.
Legierter Kaltarbeitsstahl
Bei legiertem Kaltarbeitsstahl wird eine hohe Gesamtfestigkeit durch eine Feinabstimmung des Kohlenstoffgehalts angestrebt. Dazu werden dem Stahl Legierungselemente wie Chrom, Nickel, Silizium, Mangan, Molybdän, Vanadium oder Wolfram beigefügt. Die Höhe des Kohlenstoffgehalts entscheidet, welche Härte und Schneidfestigkeit durch eine Wärmebehandlung erzielt werden kann. Ziel ist die ideale Balance zwischen Härte und Zähigkeit für den jeweiligen Einsatzzweck.
Hochlegierter Kaltarbeitsstahl zeichnet sich durch hohe Verschleißfestigkeit und gute Druckfestigkeit aus. Niedriglegierter Kaltarbeitsstahl bietet durch einen geringeren Kohlenstoffanteil eine stärkere Zähigkeit sowie eine bessere Widerstandsfähigkeit gegenüber Schlagbeanspruchung.
Legierter Kaltarbeitsstahl kommt unter anderem beim Stanzen, Schneiden, Biegen, Walzen und Prägen zum Einsatz. Man findet ihn zum Beispiel im Formenbau und Werkzeugbau, aber auch in der Lebensmittelindustrie.
Anwendungsbeispiele im Werkzeugbau
Kaltarbeitsstahl findet breite Verwendung in unterschiedlichsten Bereichen. Nachfolgend einige Einsatzmöglichkeiten für legierte und unlegierte Kaltarbeitsstähle:
Legierte Kaltarbeitsstähle | Unlegierte Kaltarbeitsstähle |
---|---|
X153CrMoV12 für Schneidwerkzeuge und Stanzwerkzeuge | C70U für diverse Handwerkzeuge |
X210CrW12 für Schneidwerkzeuge und Scherenmesser | C105U für Tiefziehwerkzeuge und Gewindeschneidwerkzeuge |
90MnCrV8 für Gewindebohrer | |
100Cr6 für Wälzlager, Lehren, Dorne und Stempel, | |
45NiCrMo16 für Massivprägewerkzeuge |
Eigenschaften von Kaltarbeitsstählen
Die exakten Merkmale von Kaltarbeitsstählen hängen von der Zusammensetzung der Legierung und möglichen Wärmebehandlung ab. Sie können stark variieren. Verschiedene Sorten und Klassen von Kaltarbeitsstählen sind für jeweils spezielle Einsatzbereiche angepasst. Folgende Tabelle gibt einen allgemeinen Überblick über die gemeinsamen Eigenschaften von Kaltarbeitsstählen.
Eigenschaft | Ausprägung bei Kaltarbeitsstahl |
---|---|
Härte | Durch einen hohen Kohlenstoffgehalt und Legierungszusätze wird eine hohe Härte erreicht. |
Verschleißfestigkeit | Eine ausgezeichnete Verschleißfestigkeit sorgt für geringe Abnutzung bei Kaltverarbeitungsprozessen. |
Korrosionsbeständigkeit | Rostet, wenn keine entsprechenden Schutzmaßnahmen ergriffen werden. |
Zähigkeit | Im Vergleich zu anderen Werkzeugstählen fällt die Zähigkeit hoch aus. |
Warmfestigkeit | Ungeeignet für den Gebrauch bei hohen Temperaturbedingungen. |
Bearbeitbarkeit | Ist nur mäßig bearbeitbar, was z. B. durch eine Wärmebehandlung verbessert werden kann. |
Magnetismus | Kaltarbeitsstahl ist magnetisch. |
Schneidleistung | Eine ausgezeichnete Schneidleistung ermöglicht präzise und saubere Schnitte. |
Anforderungen zur Wärmebehandlung von Kaltarbeitsstahl
Um Kaltarbeitsstahl auf seinen jeweiligen Einsatzzweck vorzubereiten, ist eine entsprechende Wärmebehandlung notwendig. Die richtigen Paramater der Wärmebehandlung sind dabei genauso wichtig wie die Zusammensetzung des Kaltbearbeitungsstahls.
Bei der Herstellung von Kaltarbeitsstahl erfolgt in der Regel bereits im Werk ein Weichglühen, um das ideale Gefüge für eine Härtung zu gewährleisten. Zudem bietet sich ein Spannungsarmglühen an, um Spannungen abzubauen, die bei der spanenden oder spanlosen Bearbeitung des Werkstücks entstanden sind. Das ist vor allem für unregelmäßige Bauteilgeometrien relevant, um eine hohe Maßhaltigkeit des fertigen Bauteils sicherzustellen. Zudem wird einer späteren Formänderung durch Wärmeeinwirkung entgegengewirkt.
Beim Spannungsarmglühen wird der Kaltarbeitsstahl über mehrere Stunden zum Glühen gebracht, bei Temperaturen zwischen 580°C und 650 °C. Danach folgt ein langsamer Abkühlvorgang im Ofen. Dieser Schritt erfolgt in der Regel vor der letzten mechanischen Bearbeitung.
Gängige Kaltarbeitsstähle nach Werkstoffnummer
Werkstoff-Nr. | AISI | chem. Zusammensetzung |
---|---|---|
1.1730 | SAE 1045 | ~C 45 U |
1.2067 | L1/L3 | 100Cr6 |
1.2210 | – | 115CrV3 |
1.2358 | – | 60CrMoV18-5 |
1.2363 | A2 | X100CrMoV5-1 |
1.2379 | D2 | X155CrVMo12-1 |
1.2436 | – | X210CrW12 |
1.2510 | O1 | 100MnCrW4 |
1.2550 | – | X3NiCoMoTi18 |
1.2709 | – | X3NiCoMoTi18-9-5 |
1.2721 | – | 50NiCr13 |
1.2767 | 6F7 | X45NiCrMo4 |
1.2826 | S4 | 60MnSiCr4 |
1.2842 | O2 | 90MnCrV8 |
1.2990 | – | ~X100CrMoV8-1-1 |
Unterschied zwischen Kaltarbeitsstahl und Warmarbeitsstahl
Kaltarbeitsstahl | Warmarbeitsstahl | |
---|---|---|
Betriebstemperatur | Kaltarbeitsstahl eignet sich zum Einsatz bei Temperaturen bis 200°C. | Warmarbeitsstahl eignet sich für Temperaturen bis 700°C. |
Kohlenstoff | Kaltbearbeitungsstahl hat meist einen höheren Kohlenstoffgehalt (1,45% bis 2,30%), um eine hohe Härtbarkeit zu gewährleisten. Manchmal wird Stahl mit mittlerem Kohlenstoffgehalt verwendet, um mehr Zähigkeit zu erreichen. | Warmbearbeitungsstahl hat einen mittleren Kohlenstoffgehalt (0,3% bis 0,6%). Warmfestigkeit, Wärmeleitfähigkeit und Verschleißfestigkeit sind besonders wichtig. |
Legierungselemente | Mit Cr (11% bis 13%), Mo, W oder V werden die Härtbarkeit und die Verschleißfestigkeit verbessert. | Mit Cr, Mn, Si, Ni, W, Mo oder V werden Härtbarkeit, Oxidationsbeständigkeit und Verschleißfestigkeit erhöht. |
Anwendungsbereiche | Stanzwerkzeuge, Schneidwerkzeuge, Stempel, Scheren, Biegematrizen, Ziehwerkzeuge, Kaltkopf- und Kaltprofilierwerkzeuge | Warmarbeitsstahl kommt vor allem im Druckguss und in der Warmumformung zum Einsatz. |
Internationale Werkzeugstahl-Codes | Serie „A“, „O“, „D“ | Serie „H“ (H13) |