Kennzeichnende Eigenschaften
Der hohe Chromgehalt ferritischer Stähle wirkt sich positiv auf die Korrosionsbeständigkeit gegenüber Wasser, Luft, Säuren und Laugen aus. Molybdän kann diese Beständigkeit weiter steigern. Dadurch halten diese Stahlsorten auch besonders rauen Bedingungen und aggressiven Umgebungen stand.
Auch der geringe Kohlenstoffgehalt trägt zur Korrosionsbeständigkeit ferritischer Stähle bei. Er senkt aber auch die Duktilität und damit die Verformbarkeit. Trotzdem eignet sich ferritischer Stahl zur Kaltumformung. Der geringe Kohlenstoffgehalt und der hohe Chromgehalt sorgen für ein temperaturstabiles Gefüge, das sich durch Wärmebehandlungen nicht weiter härten lässt.
Ferritischer Stahl vs. austenitischer Stahl
Im Gegensatz zu austenitischen Stählen ist der Nickelgehalt bei ferritischen Stählen gering bis nicht vorhanden. Eigenschaften wie die Duktilität und Zähigkeit werden durch die Chrom-Eisen-Legierung erreicht, fallen aber geringer aus als bei austenitischen Stählen. Hier sind die wichtigsten Merkmale im Vergleich:
- Magnetismus: Im Gegensatz zu austenitischen Stählen, verleiht die kubisch-raumzentrierte Gitterstruktur ferritischem Stahl stark magnetische Eigenschaften.
- Festigkeit: Ferritischer Stahl bietet eine höhere Festigkeit als austenitischer Stahl – vor allem nach der Kaltbearbeitung.
- Gewicht: Ferritische Stähle können leichter sein als austenitische Stähle.
- Schweißbarkeit: Ferritische Stähle lassen sich schlechter schweißen als austenitische Stähle. Die Zugabe von Niob oder Titan kann die Schweißbarkeit aber verbessern.
- Dichte: Ferritische Stählen verfügen über eine Dichte zwischen 7,7 und 8,0 g/cm³. Austenitische Stähle liegen bei 7,9 bis 8,0 g/cm³.
- Preis: Weil kein oder nur wenig Nickel enthalten ist, sind ferritische Stähle günstiger als austenitische Stähle.
- Recycling: Ferritische Stähle lassen sich genau wie die meisten Metalle gut recyceln.
Anwendungen
Ferritischer Stahl wird in einer Vielzahl von Anwendungen eingesetzt, die seine spezifischen Eigenschaften nutzen. Hier sind einige der häufigsten Einsatzgebiete:
- Automobilindustrie: Auspuffanlagen, Karosserien, Katalysatorgehäuse etc.
- Haushaltsgeräte: Kochplatten, Spülmaschinen- und Kühlschrankteile und weitere Komponenten
- Bauwesen: Geländer, Türrahmen, Fassadenverkleidungen, Dachdeckungen, Rohrleitungen und andere Bauelemente
- Chemische Industrie: Armaturen, Rohrleitungen und Behälter, die mit aggressiven Medien in Berührung kommen
- Lebensmittelindustrie: Verarbeitungsanlagen, Küchenzubehör und weitere Anwendungen
Verschiedene Arten von ferritischen Stahlsorten
Je nach Eigenschaft und Anwendungsgebiet lassen sich die verschiedenen ferritischen Stahlsorten in fünf häufig verwendete Gruppen unterteilen. Daneben gibt es aber noch weitere ferritische Stahlsorten.
Gruppe | Beschreibung und Anwendungen |
---|---|
Gruppe 1 (Typ 409, 410, 410L, 420) | • Günstigste Edelstahlsorten • Chromgehalt bis zu 14 % • Anwendungsbeispiele: Katalysatorgehäuse, LCD-Monitorrahmen, Container, Busse |
Gruppe 2 (Typ 430) | • Weltweit am häufigsten eingesetzte ferritische Stahlsorte • Chromgehalt zwischen 16% und 18% • Bessere Korrosionsbeständigkeit als Gruppe 1 • Anwendungsbeispiele: Waschmaschinentrommeln, Küchenspülen, Töpfe, Pfannen, Messerklingen |
Gruppe 3 (Typ 430TI, 439, 441) | • Chromgehalt zwischen 17,5% und 18,5% • Legierungszusätze wie Titan und Niob sorgen für eine bessere Schweißbarkeit und Verformbarkeit • Anwendungsbeispiele: Auspuffsysteme, Küchenspülen |
Gruppe 4 (Typ 434, 436, 444) | • Erhöhte Korrosionsbeständigkeit durch Molybdän • Anwendungsbereiche: Korrosive Umgebungen, Warmwasserspeicher, Außenanwendungen |
Gruppe 5 (Typ 446, 445) | • Sehr hohe Korrosionsbeständigkeit (vergleichbar mit Titanstahl) durch hohen Chrom- und Molybdänanteil • Anwendungsbeispiele: Wärmetauscher, Warmwasserbereiter, Heizkessel |
Härten von ferritischen Stahlsorten
Durch Wärmebehandlungen wie Härten und Anlassen kann bei ferritischen Stählen keine Härtesteigerung erreicht werden, weil sich die kristalline Ferritstruktur bei Wärmezufuhr nicht umwandelt. Um eine höhere Dichte, Festigkeit und Härte zu erzielen, kann die Gefügestruktur aber durch Kaltumformung wie Schmieden, Walzen oder Ziehen beeinflusst werden.
Wärmebehandlungen sind dennoch sinnvoll, um weitere Eigenschaften ferritischer Stähle zu optimieren:
- Glühen baut bei Temperaturen zwischen 500 °C und 700 °C Spannungen im Material ab und erhöht somit die Duktilität und Zähigkeit ferritischer Stähle.
- Normalglühen wird bei höheren Temperaturen als das Glühen durchgeführt. Ziel sind eine feinere Korngröße und gleichmäßigere Materialeigenschaften.
Zudem können chemisch-physikalische Oberflächenhärteverfahren wie eine Tenifer-Behandlung oder Nitrieren die Härte, Verschleißfestigkeit und Korrosionsbeständigkeit der Oberfläche ferritischer Stähle verbessern.